Female hand signing contract.

VOABVERÖFFENTLICHUNG AUS DEM KÖLNER STADTANZEIGER VOM 24.4.2020

Richtig vorsorgen (Teil 1) –
Das Testament

In der aktuellen Krisenzeit rückt die Frage nach einer rechtssicheren letztwilligen Verfügung in den Vordergrund. Dabei gilt der Grundsatz: Jeder braucht ein Testament!

1. Gesetzliche Erbfolge

Wer überlegt, wie er dieses richtig errichtet, muss sich zunächst immer verdeutlichen, wer nach dem Gesetz erben würde.

Nur Verwandte

Nach deutschem Erbrecht erben immer nur Verwandte. Vererbt wird nach sogenannten „Ordnungen“. Erben erster Ordnung sind eheliche, nichteheliche und adoptierte Kinder. Erben zweiter Ordnung sind Eltern und danach Geschwister und weiter Nichten und Neffen. Erben dritter Ordnung sind Großeltern, danach Tanten und schließlich Cousinen/Cousins.

Beispiel 1: Der Erblasser ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Seine Eltern leben noch. Im Todesfall erben die Eltern.

Nahe Verwandte schließen entferntere Verwandte aber aus.

Beispiel 2: Der Erblasser hat eine Tochter. Seine Mutter lebt noch. Im Todesfall erbt allein die Tochter.

Ausnahme Ehegatte

Außerhalb der Verwandten gibt es nur noch das Erbrecht des Ehegatten. Dieses richtet sich nach dem Güterstand. Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft erbt ein überlebender Ehegatte neben Kindern 1/4 und neben Verwandten zweiter Ordnung (Eltern) 1/2. Dieser Erbteil erhöht sich um einen weiteren Teil von 1/4 als pauschalierter Zugewinnausgleich.

Beispiel 3: Der Erblasser hinterlässt seine Ehefrau und einen Bruder. Die Eltern sind vorverstorben. Die Ehefrau erbt hier (1/2  + 1/4=) 3/4, der Bruder erbt 1/4.

Wer in einer solchen Situation darauf vertraut, die Ehefrau würde alles allein erben und er benötige daher kein Testament, liegt also falsch. Leben die Ehepartner im Güterstand der Gütertrennung, kommt es auf die Anzahl der Kinder an. Ist ein Kind vorhanden, erbt der Partner neben dem Kind 1/2, sind zwei Kinder vorhanden, erben Partner und Kinder jeweils 1/3. Bei drei Kindern beträgt die Erbquote für alle 1/4.

Vorsicht

Die gesetzliche Ausgestaltung wird der heutigen Situation oftmals nicht gerecht. So kennt das Gesetz selbst bei jahrzehntelangem Zusammenleben ohne Trauschein keinerlei Erbanspruch. Auch in Fällen sogenannter Patchworkehen, also wenn eine zweite oder dritte Ehe geschlossen wird und die Eheleute Kinder aus Vorehen mitbringen, führen die gesetzlichen Regelungen oft zu nicht gewollten Ergebnissen.

Beispiel 4: A und B heiraten in jeweils zweiter Ehe. Jeder bringt aus erster Ehe ein Kind mit. Aus ihrer Ehe gehen noch zwei weitere Kinder hervor.

Testament machen

Stirbt in diesem Fall die Ehefrau, wird Sie von ihrem zweiten Ehemann zu 1/2 sowie den beiden gemeinsamen Kindern und dem Kind aus erster Ehe zu je 1/6 beerbt. Stirbt umgekehrt zuerst der Ehemann erbt neben dem Ehepartner und den gemeinsamen Kindern dessen Kind. Die Erbfolge ist damit ein Zufallsergebnis.

Aber auch Annahmen wie „mein Ehepartner erbt“ oder „am Ende bekommen meine Kinder ohnehin alles“ führen regelmäßig zu nicht gewollten Ergebnissen, z.B. weil das von Eheleuten gemeinsam geschaffene Vermögen für den Fall der Pflege oder das Alter benötigt wird.

Daher empfehlen wir: Jeder braucht ein Testament.

2. Der Pflichtteil

Wird durch Errichtung eines Testaments die gesetzliche Erbfolge geändert, kann dies Pflichtteilsansprüche auslösen. Manchmal mit verheerenden Folgen.

Es steht jedermann frei, über sein Vermögen für den Todesfall zu verfügen. Dem Willen des Erblassers kommt nach deutschen Recht große Bedeutung zu. Die Errichtung eines sogenannten Berliner Testaments, bei dem sich Ehegatten wechselseitig zu Alleinerben einsetzen und beispielsweise Kinder zum Erben nach dem Tod des Längerlebenden einsetzen, führt – bezogen auf den Todesfall des ersten Ehegatten – zu einer Enterbung der Kinder, da diese ansonsten nach dem Gesetz Erben wären. Entgegen weit verbreiteter Meinung ist daher auch die Enterbung von Kindern möglich.

Nur nahe Angehörige

Eine Einschränkung sieht das Gesetz aber für Kinder, Eltern und den Ehegatten des Erblassers vor. Diesem Personenkreis steht ein sogenanntes Pflichtteilsrecht zu. Wichtig: weitere Pflichtteilsberechtigte gibt es nicht.

Beispiel 5: der Erblasser setzt seinen Ehegatten zu Alleinerben ein, Kinder gibt es nicht, die Eltern sind vorverstorben. Dem Bruder steht kein Pflichtteilsanspruch zu.

Berechnung

Der Pflichtteil bringt keine Teilhabe am Erbe, sondern beinhaltet einen reinen Geldanspruch. Gegenstände aus dem Nachlass können nicht gefordert werden. Zur Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs steht dem Enterbten ein Auskunftsrecht gegenüber dem Erben zu. Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte der gesetzlichen Erbquote.

Beispiel 6: Der Erblasser setzt seine Ehefrau zur Alleinerbin ein und enterbt damit seinen Sohn. Der Nachlasswert liegt bei einer Million Euro. Der Pflichtteilsanspruch des Sohnes beträgt die Hälfte der gesetzlichen Erbquote von hier 1/2, also 250.000 Euro.

Die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen kann schlimmstenfalls dazu führen, dass Vermögen veräußert werden muss oder später nicht genügend Vermögen vorhanden ist, um die eigene Pflege zu bezahlen.

Schenkungen

Bei der Berechnung des Pflichtteils werden zusätzlich Schenkungen der letzten 10 Jahre berücksichtigt. Dabei gilt heute ein sogenanntes Abschmelzmodel. Der Wert der Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel geringer berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Dies gilt aber nicht, wenn der Schenkende eine Immobilie verschenkt und sich hieran ein Nießbrauchs- oder Wohnrecht vorbehält. In solchen Fällen beginnt die 10-Jahre-Frist erst gar nicht zu laufen. Und: bei Schenkungen unter Ehegatten gilt diese Frist überhaupt nicht (!), so dass für die Pflichtteilsberechnung alle Schenkungen Berücksichtigung finden, selbst wenn diese länger als 10 Jahre zurückliegen.

Gestalten

Wer die Geltendmachung des Pflichtteils fürchtet oder Pflichtteilsansprüche reduzieren will, hat verschiedene Möglichkeiten. So bietet es sich beispielsweise bei der Errichtung eines Berliner Testaments an, mit den Kindern über einen Pflichtteilsverzicht – bezogen auf den Todesfall des ersten Elternteils – zu sprechen. Dieser bedarf allerdings notarieller Beurkundung. Kommt dies nicht Betracht, kann in ein Testament auch eine sog. Pflichtteilsbestrafungsklausel aufgenommen werden. Mit dieser wird den Kindern sozusagen mit erhobenem Zeigefinder gedroht, im Todesfall des ersten Elternteils den Pflichtteil nicht zu verlangen, weil sie ansonsten auch im zweiten Erbfall nur den Pflichtteil erhalten werden.

Zur Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen kommen auch lebzeitige Gestaltungen in Betracht, wie beispielsweise die Übertragung einer Immobilie unter Einräumung eines Nießbrauchs- oder Wohnrechts auf ein Kind. Dabei gilt zwar die 10-Jahre-Frist nicht. Erfolgt die Übertragung aber zum richtigen Zeitpunkt, reduziert der Wert des Nießbrauchs oder Wohnrechts den Wert der Schenkung so erheblich, dass sich kein oder nur noch ein geringer Pflichtteilsanspruch hieraus errechnet.

Vorsicht

Die heute vielfach anzutreffenden Fälle sogenannter Patchworkehen, bei denen eine zweite oder dritte Ehe geschlossen wird und die Eheleute Kinder aus Vorehen mitbringen, führen in vielen Fällen geradezu zwingend dazu, dass die Kinder des erstverstrebenden Ehegatten Pflichtteilsansprüche geltend machen (müssen), um etwaige Ansprüche nicht zu verlieren. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Pflichtteilsansprüche nach drei Jahren verjähren. Frühzeitige Gestaltung ist daher auch in solchen Fällen besonders wichtig.

3. Die Gestaltung des Testaments

Wer sich sich mit den Grundsätzen der gesetzlichen Erbfolge und des Pflichtteilsrechts vertraut gemacht hat, kann nun die konkrete Testamentsplanung angehen.

Dabei muss zunächst entschieden werden, ob für die letztwillige Verfügung in Form eines Testaments, eines gemeinschaftlichen Testaments (für Eheleute) oder eines Erbvertrages gewählt wird. Bei notarieller Beurkundung sind alle Formen möglich. Testamente kann jeder auch selbst errichten – und später ändern -, muss aber beachten, dass der gesamte Text von Hand geschrieben, mit Datum versehen und (von beiden Eheleuten) persönlich unterschrieben werden muss.

Erbfolge

Zunächst muss im Testament ein Erbe bestimmt werden. Eheleute setzen sich oft wechselseitig zu Alleinerben ein und bestimmen danach die Kinder zu Schlusserben („Berliner Testament“). Dabei sollte auch immer ein Ersatzerbe genannt werden. Dieser erbt dann, wenn der zunächst vorgesehene Erbe nicht zur Erbfolge gelangt, z.B. weil er vorverstorben ist. In manchen Fällen ist auch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft angezeigt. Dabei erbt zunächst der Vorerbe. Bei ihm wird der Nachlass aber nur „geparkt“, bis er z.B. verstirbt. Dann erhält der Nacherbe den Nachlass. So sind Gestaltungen auch über Generationen hing möglich oder es werden unerwünschte Pflichtteilsergebnisse vermieden. Wer einzelne Vermögensgegenstände aus dem Nachlass weitergeben will, setzt ein Vermächtnis aus (nur hier sollte der Begriff „vermachen“ verwendet werden). Auch Auflagen sind möglich

Beispiel 7: Erbe soll die Grabstelle pflegen oder regelmäßig besuchen, ein Tier pflegen, einer dritten Person einen Geldbetrag zuwenden.

Es muss aber bedacht werden, dass sich der Erbe über diese Anordnungen hinwegsetzen kann.

Streit vermeiden

Mit der Abfassung des Testaments kann auch Streit unter Erben vermieden werden. Neben eindeutigen Formulierungen kann hierzu beispielsweise die Anordnung dienen, wie der Nachlass unter den Erben konkret verteilt wird (Teilungsanordnung) und wie hierbei mit wirtschaftlichen Ungleichgewichten umgegangen wird.

Auch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers dient nachhaltig der Befriedung unter den Erben, wobei es sich hierbei idealerweise um eine außenstehende und neutrale Person handeln sollte. Dieser kann dabei dafür bestimmt werden, den Nachlass unter den Erben entsprechend den Anordnungen im Testament zu verteilen oder den Nachlass für eine bestimmte Dauer zu verwalten (z.B. bis die Erben das 25. Lebensjahr erreicht haben). Daneben setzt er Auflagen um und wendet die Vermächtnisgegenstände dem Empfänger zu.

Problematisch sind Anrechnungsbestimmungen im Testament:

Beispiel 8: „Mein Sohn hat bereits 1997 einen Betrag von 50.000 € erhalten. Diesen muss er sich auf sein Erbteil (oder: Pflichtteil) anrechnen lassen“.

Solche nachträglichen Formulierungen im Testament sind grundsätzlich unbeachtlich!

Sonstige Regelungen

Möglich sind noch viele weitere Anordnungen, wie z.B. eine Pflichtteilsbestrafungsklausel, die Bestimmung einer Person, die sich um die minderjährigen Kinder kümmert, Regelungen über erbrachte Pflegeleistungen, eine Klausel für den Fall der Wiederverheiratung, ein Abänderungsvorbehalt für den längerlebenden Ehegatten, Anordnungen zur Wahl des Rechts, nach dem der Nachlass weitergegeben werden soll, usw..

Und schließlich sollte eine mögliche Erbschaftssteuer bedacht werden: Ehegatten (Freibetrag 500.000 €) und Kinder (400.000 €) haben einen Eingangssteuersatz von 7 %. Für entferntere Personen (20.000 €) beginnt dieser bei 30%.

Wer ein Testament errichtet, sollte sich schließlich auch immer mit den Möglichkeiten einer lebzeitigen Übertragung auseinandersetzen. Oftmals liegt hierin ein wichtiges Mittel zur Reduzierung der Steuerbelastung und von Pflichtteilsansprüchen.

Es wird deutlich: bei einer umfassenden Nachfolgeplanung müssen etliche Punkte beachtet werden. Fehler in der Gestaltung können nach dem Erbfall regelmäßig nicht mehr korrigiert werden.

Wir beraten Sie gern und stellen sicher, dass alle Themen berücksichtigt werden und gestalten für Sie Ihre rechtssichere letztwillige Verfügung.

Sie haben bereits ein Testament oder Erbvertrag errichtet? Gerne prüfen wir diese letztwillige Verfügung.