ARBEITSRECHTLICHE FRAGEN IN ZEITEN DER CORONA-PANDEMIE

Nach wie vor wirft die Corona-Krise zahlreiche arbeitsrechtliche Problematiken auf. Einige wichtige Fragen und Antworten haben wir nachfolgend zusammengestellt.

ERKRANKUNG

Kann der Arbeitgeber verlangen, dass der erkrankte Arbeitnehmer am 3. Tag der Erkrankung eine AU-Bescheinigung vorlegt?

Grundsätzlich muss ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzeigen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber spätestens am darauffolgenden Arbeitstag eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. Der Arbeitgeber ist aber berechtigt, die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung früher zu verlangen. Oftmals wird dies bereits im Arbeitsvertrag geregelt.

LOHNFORTZAHLUNG

Hat ein Arbeitnehmer in Quarantäne Anspruch auf Lohnfortzahlung?

Arbeitnehmer, die unter amtlich angeordneter Quarantäne stehen, sind von der Arbeitsverpflichtung befreit. Anstelle des Lohns erhalten sie für die ersten sechs Wochen eine Entschädigung in Höhe des Nettogehalts gemäß § 56 Infektionsschutzgesetz. Der Arbeitgeber muss in einem solchen Fall beim Gesundheitsamt einen entsprechenden Antrag stellen und dann die Entschädigung dem Arbeitnehmer auszahlen. Dauert die Quarantäne länger als 6 Wochen, bekommen die Arbeitnehmer direkt von der Behörde die Auszahlung, die sich nach der Höhe des Krankengeldanspruchs richtet.

Hat ein Arbeitnehmer, der zwecks Kinderbetreuung zu Hause bleibt, Anspruch auf Lohnfortzahlung?

Sind Schulen oder Kitas aus Gründen des Infektionsschutzes geschlossen und hat der Arbeitnehmer keine anderweitige Möglichkeit der Kinderbetreuung, liegt ein sogenannter Verhinderungsgrund nach § 616 BGB vor. Dann ist der Arbeitnehmer berechtigt, unter Fortzahlung der vollen Vergütung von der Arbeit fernzubleiben. Vorsorglich sollten aber diesbezügliche Regelungen im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag überprüft werden.

ÜBERSTUNDEN

Kann der Arbeitgeber Überstunden anordnen, um krankheitsbedingte Ausfälle zu kompensieren?

Überstunden können angeordnet werden, wenn der Arbeitgeber hierzu gemäß Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag berechtigt ist.
Gibt es keine solche vertragliche Grundlage, kann der Arbeitgeber einseitig Überstunden nur in absoluten Notfällen anordnen.

Will der Arbeitgeber in der Corona-Krise Überstunden anordnen, weil zu viele Mitarbeiter krankheitsbedingt ausgefallen sind, kann es sich um einen derartigen Eilfall handeln. Dies muss aber im Einzelfall geprüft werden.

Überstunden, die vom Arbeitgeber angeordnet oder gebilligt werden, muss der Arbeitgeber auch bezahlen. Der Arbeitnehmer erhält dann zumindest den Grundlohn, sofern nicht Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung darüberhinausgehende Überstundenzuschläge vorsehen.

URLAUB

Kann der Arbeitnehmer bereits bewilligten Urlaub widerrufen?

Ist der Urlaub gewährt, kann der Arbeitnehmer den Urlaub nicht einseitig widerrufen. Hat der Arbeitgeber also die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers genehmigt, ist der Arbeitnehmer an seinen festgelegten Urlaub gebunden.

Nur in Notfällen hat der Arbeitnehmer das Recht, eine Veränderung des bereits genehmigten Urlaubs einzufordern; aber auch dann muss der Arbeitgeber ausdrücklich damit einverstanden sein.

Ein solcher Notfall liegt allerdings nicht schon deshalb vor, nur weil der Arbeitnehmer eine bereits geplante Reise in Coronazeiten aufgrund der behördlichen Reisebeschränkungen nicht antreten kann.

Muss der Arbeitnehmer Urlaub nehmen, um seine Kinder zu betreuen?

Den Arbeitnehmern hilft hier eine Neuregelung im Infektionsschutzgesetz, die aufgrund der Coronakrise in Kraft getreten ist: Werden Kindergärten und Schulen Corona-bedingt vorübergehend geschlossen, erhalten die sorgeberechtigten Arbeitnehmer eine Entschädigung für den entstandenen Verdienstausfall. Vorausgesetzt, die Kinder sind nicht älter als 12 Jahre und die Sorgeberechtigten müssen die Kinder selbst betreuen, weil eine andere Möglichkeit nicht zur Verfügung steht. Gezahlt wird diese Entschädigung für längstens sechs Wochen und begrenzt ist sie auf 67% des Verdienstausfalls (bei einer Obergrenze von 2.016 Euro pro Monat).

DIENSTREISEN

Sind Dienstreisen in der aktuellen Zeit erlaubt?

Ja, es gibt kein explizites Verbot von Dienstreisen. Allerdings sind Dienstreisen ins Ausland aufgrund der vielfachen Einreisebeschränkungen kaum noch realisierbar.
Es sind stets die aktuellen Bestimmungen zu prüfen, die beispielsweise seitens des Auswärtigen Amtes veröffentlich werden.

Stehen z.B. Reisewarnungen einer bestimmten Dienstreise entgegen, darf der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht für den Arbeitnehmer eine solche Dienstreise nicht anordnen. Falls er es doch tut, hat der Arbeitnehmer das Recht, die Reise zu verweigern.

Auch wenn keine offizielle Reisewarnung vorliegt, die Dienstreise für den Arbeitnehmer aber eine konkrete Gesundheitsgefahr darstellt, muss er sie nicht antreten. Das gilt zum Beispiel für Arbeitnehmer mit Vorerkrankungen oder besonderer gesundheitlicher Gefährdung durch Risikofaktoren. Denn in solchen Fällen führt eine Interessenabwägung dazu, dass die Gesundheit des Arbeitnehmers Vorrang vor dem wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers hat.

KÜNDIGUNGEN

Kann der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigen, weil dieser an Covid-19 erkrankt?

Nein. Zwar sind personenbedingte Kündigungen wegen einer Erkrankung des Arbeitnehmers grundsätzlich möglich. Jedoch bedarf es dazu einer sogenannten „negativen Gesundheitsprognose“, was bedeutet, dass es sich um eine lang anhaltende Krankheit handeln muss, die sich voraussichtlich auch in Zukunft nicht bessern wird. Im Fall einer Covid-19-Erkrankung ist selbst bei schweren Fällen nicht gleich von einer solchen langfristigen Beeinträchtigung des Gesundheitszustands auszugehen.

Kann der Arbeitgeber aufgrund der Corona-Pandemie betriebsbedingt kündigen?
Eine betriebsbedingte Kündigung wegen wirtschaftlicher Beeinträchtigungen (Auftragsrückgang, Beeinträchtigung von Lieferketten, zwangsweise Betriebsschließung) ist auch in der Corona-Krise nur möglich, wenn dringende betriebliche Erfordernisse für die Kündigung vorliegen und die Kündigung verhältnismäßig ist.

Derartige dringende betriebliche Gründe müssen aber auch dazu führen, dass Arbeitsplätze auf Dauer wegfallen. Grundsätzlich ist das in der jetzigen Situation für Unternehmen jedoch noch gar nicht absehbar, zumal die Infektionsgefahr wieder zurückgehen wird und damit auch die Negativfolgen für viele Unternehmen.
Überdies muss Kündigung stets das „letzte Mittel“ sein, das der Arbeitgeber einsetzt. Zuvor müssen alle anderen Maßnahmen versucht worden sein, wie beispielsweise Kurzarbeit.

Gerne stehen wir Ihnen für sämtliche Fragen aus dem Bereich des Arbeitsrechts zur Verfügung, beraten Sie über Ihre Rechte und setzen uns für Ihre Ansprüche ein.